Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einem aktuellen Fall über die Frage entschieden, ob ein/e Fahrzeughalter/in, beim verlassen eines Grundstücks, um auf eine vorrangige Straße zu gelangen, im Falle eines Unfalls, stets beweisen muss, dass der Unfall unvermeidbar war?
Fall vor dem OLG
Eine schwangere Fahrerin wollte vom Parkplatz eines Kindergartens über die Zufahrt in die Straße einfahren. Um auf die vorrangige Straße zu kommen, musste sie auch einen Gehweg mit hoher Bordsteinkante überfahren.
Zur gleichen Zeit näherte sich ein Auto von rechts. Der Fahrer des zweiten Autos wollte seinen Wagen vor das gegenüberliegende Lager setzen. Für dieses Manöver holte dieser kurz nach links aus und fuhr dabei auf einen Teil des Gehwegs. Dabei knallte die Ecke des Autos auf die rechte vordere Ecke des Autos der schwangeren Fahrerin. Nach dem Unfall musste die hochschwangere Fahrerin zur Beobachtung für zwei Tage in ein Krankenhaus.
Unfall auf Gehweg unvermeidbar
Die schwangere Fahrerin machte daraufhin einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch geltend. Nach ihr, war für sie der Unfall unvermeidbar gewesen. Außerdem habe sie mit den Vorderrädern ihres Wagens noch auf dem Bürgersteig gestanden. Sie verlangte daher den vollständigen Ausgleich ihres Fahrzeugschadens in Höhe von 5.884,84 Euro sowie und ein Schmerzensgeld von 3.000 Euro.
25% Mitverschulden
Der Beklagte war allerdings der Auffassung, dass er nur 25 % an dem Unfall schuld war. Außerdem behauptete er, dass sich das Fahrzeug der Klägerin bei der Kollision noch bewegte.
Kein Verstoß gegen Sorgfaltspflicht
Das OLG Düsseldorf gab der Klägerin Recht. Das Gericht sah den Unfall in dem Pflichtverstoß des Beklagten begründet. Dieser habe mit befahren des Gehwegs gegen § 2 Absatz 1 StVO verstoßen, weil Fahrzeuge grundsätzlich die Fahrbahn benutzen müssen. Einen Verstoß der Klägerin sah das OLG hingegen nicht. Zwar spricht dem Gericht zufolge grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten, wenn es beim Ausfahren aus einem Grundstück zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr kommt. Im Falle einer Kollision auf einem Gehweg gilt diese Sorgfaltspflicht aber nur für dort berechtigte Nutzer – demnach für Fußgänger, Kinder mit Rollern oder Kleinfahrrädern. Nicht jedoch für Fahrzeuge, die dort nichts zu suchen haben.
Folglich habe die Klägerin ihrer Sorgfaltspflicht entsprochen und der Beklagte muss den Schaden von 5.864,84 Euro sowie Schmerzensgeld von 500 Euro zahlen.
OLG Düsseldorf – Urteil vom 09.02.2018 – AZ: 1 U 1/17.