Es kommt immer wieder dazu, dass Autos durch extreme Niederschläge Wasserschäden erleiden. So kann es passieren, dass Straßen überflutet werden und Fahrzeuge beim Hindurchfahren durch eine tiefe Wasserfläche beschädigt werden. Zudem gibt es Fälle, in denen bei Starkregen Wasser in das Fahrzeug eindringt, was Schäden an der Elektronik des Autos verursacht.
In solchen Fällen stellt sich den Betroffenen die Frage, ob ihre Kaskoversicherung für die eingetretenen Wasserschäden aufkommt und Schadensersatz leisten muss.
Versicherung ersetzt Schäden durch unmittelbare Einwirkung von Überschwemmungen
Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) sind im Rahmen einer Teilkasko-Versicherung unter anderem Schäden versichert, die durch die unmittelbare Einwirkung von Sturm oder Überschwemmung verursacht wurden. Doch wann liegt eine Überschwemmung vor? Greift der Versicherungsschutz danach auch bei Starkregen? Was versteht man unter einer „unmittelbaren Einwirkung“? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Überschwemmung muss einzige Ursache für Schaden sein
Dringt infolge eines Starkregens Wasser in ein Auto ein, das in einem Garten abgestellt wurde, und wird dadurch die Elektronik des Fahrzeugs beschädigt, muss die Kaskoversicherung keinen Schadensersatz leisten. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Das Gericht stellte zunächst klar, dass in einem solchen Fall eine Überschwemmung vorliegt. Darunter ist nämlich zu verstehen, dass Wasser in erheblichen Umfang nicht auf normalem Weg abfließt, sondern ein normalerweise nicht von Wasser in Anspruch genommenes Gelände überflutet. Erforderlich sei dabei nicht, dass ein Gewässer über dessen Ufer tritt.
Die Versicherung sei trotz dessen jedoch nicht zahlungspflichtig, da der Schaden des Fahrzeugs nicht unmittelbar auf der Überschwemmung beruht. Darunter ist zu verstehen, dass die Überschwemmung die letzte und einzige Ursache für den Eintritt des Schadens gewesen sein müsste. Das ist nach Ansicht des OLG im konkreten Fall jedoch nicht gegeben. So beruhe die Beschädigung des Fahrzeugs nicht auf der Überschwemmung, sondern vielmehr auf dem Starkregen. (Beschluss des OLG Karlsruhe, vom 09.10.2019, Az.: 12 U 78/19)
Schäden durch Starkregen werden nicht ersetzt
Gleiches gilt nach einer Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin, wenn dadurch Schäden an einem Auto entstehen, dass ohne eine vorherige Überschwemmung des Geländes Regenwasser ins Fahrzeuginnere gelangt. Starkregen allein begründet demnach auch nach Ansicht des KG keinen Versicherungsfall. (Beschluss des KG, vom 01.07.2016, Az.: 6 U 71/16)
Tiefe Wasserfläche auf Fahrbahn ist Überschwemmung
Eine Überschwemmung liegt hingegen vor, wenn es derart stark regnet, dass die Wassermengen weder vollständig im Boden versickern noch auf anderem Wege abfließen können. Dies bestätigte das Landgericht (LG) Bochum. Im konkreten Fall, den das LG zu entscheiden hatte, hatte sich durch Starkregen auf der Fahrbahn einer Autobahn eine tiefe Wasserfläche gebildet. Da der betroffene Fahrer jedoch im Vorhinein nicht erkennen konnte, dass die Wasserlache derart tief war, und daher hindurchfuhr, entstanden an seinem Fahrzeug technische Defekte.
In diesem Fall bejahte das LG sowohl das Vorliegen einer Überschwemmung als auch deren unmittelbares Einwirken auf das Auto. Zudem betonte das Gericht, dass der Fahrer die Überschwemmung nicht rechtzeitig hatte erkennen können und dadurch auch nicht ausweichen konnte. Demnach besteht ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Versicherung. (Urteil des LG Bochum, vom 21.04.2015, Az.: 9 S 204/14)
In diesem Zusammenhang entschied auch das OLG Karlsruhe, dass eine Wasserlache auf einer Straße mit einer Tiefe von bis zu 90 cm eine Überschwemmung darstellt. Das OLG hat dabei eine unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung auf das Fahrzeug bejaht, wenn der Fahrzeugführer auf der von ihm befahrenen Straße ganz „normal“ weiterfährt und dadurch in den überschwemmten Abschnitt gerät. (Beschluss des OLG Karlsruhe, vom 28.10.2019, Az.: 9 U 4/18)
Versicherung ersetzt Schäden durch Wasserschlag
Auch Schäden durch sog. Wasserschlag werden nach einer Entscheidung des OLG Hamm von der Versicherung ersetzt. Im zu entscheidenden Fall musste ein Autofahrer verkehrsbedingt in einer Unterführung anhalten. Durch den bestehenden „Extremregen“ wurde das Fahrzeug innerhalb weniger Minuten von Wasser eingeschlossen, das in das Auto eindrang und so den Motor beschädigte. Als der Fahrer anschließend den Motor startete, verursachte er so einen größeren bzw. erweiterten Schaden.
Die Versicherung verweigerte aus diesem Grund Schadensersatzzahlungen. Sie wandte ein, dass die Schäden nicht unmittelbar durch die Überschwemmung, sondern durch das Starten des Motors verursacht worden seien. Das OLG Hamm hingegen bejahte sowohl das Vorliegen einer Überschwemmung als auch deren unmittelbares Einwirken auf das Fahrzeug. Es weist darauf hin, dass es für die Auslegung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) maßgeblich darauf ankommt, wie der durchschnittliche Versicherungsnehmer die betreffende Regelung versteht. Eben dieser durchschnittliche Versicherungsnehmer wäre im konkreten Fall nicht davon ausgegangen, dass sein Versicherungsschutz erlischt, wenn er sein Fahrzeug nach der Überschwemmung schlicht weiternutzen möchte und dazu startet. Der Versicherungsnehmer durfte daher annehmen, dass der gesamte Schaden von der Versicherung ersetzt wird. (Urteil des OLG Hamm, vom 02.11.2016, Az.: 20 U 19/16)
Versicherung kann Leistung bei grober Fahrlässigkeit kürzen
Letztlich gilt zu beachten, dass die Versicherung unabhängig davon, ob eine Überschwemmung vorliegt oder nicht, ihre Leistungen kürzen kann, wenn der Fahrzeugführer grob fahrlässig handelte. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Fahrer die Überschwemmung erkannt hat bzw. hätte erkennen müssen, aber trotz dessen in das überflutete Gelände gefahren ist. Fahrlässiges Handeln liegt darüber hinaus vor, wenn ein Fahrer sein Auto trotz des Bestehens einer Hochwasserwarnung im Risikogebiet abstellt.