Wird man abgeschleppt, sind die Konsequenzen ärgerlich. Man muss das Auto auf dem Abschlepphof abholen und zudem müssen die oft beträchtlichen Abschleppkosten gezahlt werden. Zusätzlich dazu fordern viele Abschleppdienste auch die sogenannten Standgeldkosten. Diese entstehen für die Zeit, in der das Fahrzeug auf dem Abschlepphof abgestellt ist. Das OLG Saarbrücken hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Abschleppdienst diese Standgeldkosten tatsächlich vom „Abgeschleppten“ verlangen kann.
Der konkrete Sachverhalt
Eine Autofahrerin hatte ihr Auto unbefugt auf einem privaten Parkplatz abgestellt. Der Eigentümer des Grundstücks ließ das Fahrzeug der Betroffenen daraufhin von einem gewerblichen Abschleppdienst abschleppen. Mit diesem Abschleppunternehmen hat der Eigentümer einen Vertrag geschlossen, in dem geregelt wurde, dass die Ansprüche des Eigentümers gegenüber der unberechtigt Parkenden auf Zahlung der Abschleppkosten an den Abschleppdienst abgetreten werden.
Unter Abtretung ist dabei zu verstehen, dass der ursprüngliche Gläubiger (hier der Eigentümer) seine Forderung gegen den Schuldner (hier die Autofahrerin) an einen Dritten (das Abschleppunternehmen) überträgt. Somit kann der Abschleppdienst die Abschleppkosten nun von der Autofahrerin verlangen.
Im konkreten Fall war die Autofahrerin jedoch nicht bereit, die geforderten Abschleppgebühren in Höhe von 185 Euro zu zahlen. Aufgrund dessen machte das Abschleppunternehmen von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch und verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs.
Hat der Schuldner (hier der Abschleppdienst) einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger (die Autofahrerin), kann er seine Leistung so lange verweigern, bis der Gläubiger die Leistung erbringt, die er wiederum dem Schuldner schuldet. Für den konkreten Fall bedeutet das, dass der Abschleppdienst die Herausgabe des Fahrzeugs so lange verweigern kann, bis die Autofahrerin die Abschleppkosten zahlt.
Daraufhin erhob die Autofahrerin Klage auf Herausgabe ihres Fahrzeugs. Das Abschleppunternehmen wiederum erhob Gegenklage auf Zahlung der Abschlepp- und zwischenzeitlich entstandenen Standgeldkosten in Höhe von 11,90 Euro pro Tag.
Die Entscheidung des OLG Saarbrücken
Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Ansprüche des Abschleppunternehmens auf Zahlung der Abschleppkosten begründet sind. Demnach ist die Autofahrerin dahingehend zur Zahlung verpflichtet.
Demgegenüber sah das Gericht einen Anspruch auf Zahlung der Standgeldkosten als nicht gegeben an. Begründend wurde ausgeführt, dass die Fahrerin lediglich diejenigen Kosten ersetzen muss, die dabei entstanden sind, die Störung zu beseitigen.
Unter Störungsbeseitigung ist dabei das Folgende zu verstehen: Das Fahrzeug, das die Autofahrerin unberechtigterweise auf einem privaten Parkplatz geparkt hat, beeinträchtigt das Eigentum des Berechtigten. Denn wenn der Parkplatz belegt ist, kann der Berechtigte den Abstellplatz beispielsweise nicht für sein eigenes Fahrzeug nutzen. In diesem Fall kann er ein Abschleppunternehmen beauftragen, um die Störung (das unbefugt abgestellte Fahrzeug) beseitigen zu lassen.
Die Standgeldkosten sind hingegen nicht durch die Störungsbeseitigung entstanden, sondern im Zusammenhang mit der „außergerichtlichen Abwicklung des Abschleppvorgangs zur Durchsetzung der Forderung auf Bezahlung der Abschleppkosten“. Denn die Standgeldkosten sind nur entstanden, weil das Abschleppunternehmen nicht bereit war, das Auto an die Fahrerin herauszugeben, bevor diese die Abschleppkosten gezahlt hatte.
Dies resultiere daraus, dass der Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten vom Eigentümer des Grundstücks an das Abschleppunternehmen abgetreten wurde. Der Eigentümer hat gegenüber dem „Störer“, also der Autofahrerin, jedoch nur einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die durch die Beseitigung der Störung verursacht wurden. Die Kosten, die bei der Abwicklung des Abschleppvorgangs entstehen, betreffen den Eigentümer hingegen nicht. Er hat keinen Anspruch gegenüber der Autofahrerin auf Zahlung der Standgeldkosten und demnach hat auch das Abschleppunternehmen keinen solchen Anspruch.
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.07.2019 – 1 U 121/18
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