Unfall wegen eines technischen Fehlers des Notfallbremsassistenten – wer haftet?
Viele Autos verfügen heutzutage über sogenannte Notfallbremsassistenten. Solche Assistenzsysteme überwachen mithilfe von Kameras und Sensoren den Bereich vor dem Fahrzeug. Bemerkt das System, dass es unmittelbar zu einer Kollision kommen könnte, wird der Fahrer gewarnt und wenn nötig, beim Bremsen unterstützt. Reagiert der Fahrer trotz Warnung gar nicht, leitet der Bremsassistent sogar eine gänzlich eigenständige Bremsung ein.
Notfallbremsassistenten können daher im Notfall einen Auffahrunfall vermeiden und Personen vor Schäden bewahren. Doch solche Systeme sind nicht unfehlbar und können im Falle einer Störung ihrerseits Unfälle verursachen. So auch in einem Fall, den das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu entscheiden hatte.
Der konkrete Sachverhalt
Im konkreten Fall hat ein Notfallbremsassistent unvermittelt und ohne Verschulden des Fahrers während freier Fahrt eine Bremsung eingeleitet. Der nachfolgende LKW fuhr daraufhin auf das abrupt angebremste Fahrzeug auf, weil dieser den gebotenen Sicherheitsabstand von mindestens 50 Metern nicht eingehalten hatte.
Nun war fraglich, zu welchen Anteilen die Haftung des Auto- und die des LKW-Fahrers zu verteilen war.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt
Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass sich der Unfall nicht allein deswegen ereignet hatte, weil der Notbremsassistent unvermittelt eine Bremsung eingeleitet hat. Vielmehr hätte die Kollision vermieden werden können, wenn der LKW-Fahrer den gebotenen Sicherheitsabstand eingehalten hätte. Denn dann hätte dieser noch rechtzeitig abbremsen können. Demnach trifft den Kraftfahrer eine Mitschuld.
Zudem erklärten die RichterInnen, dass der Unfall durch das abgebremste Fahrzeug mitverursacht wurde. Zwar sei der Bremsassistent nicht durch ein Fehlverhalten des Fahrers ausgelöst worden, sondern sei auf ein technisches Versagen des Fahrzeugs zurückzuführen. Trotzdem müsse sich der Fahrer vorwerfen lassen, dass sein Auto auf freier Strecke ohne ersichtlichen Grund abrupt abgebremst wurde.
Die Abwägung dieser Verursachungsbeiträge führt nach Ansicht des Gerichts zu einer Haftungsverteilung von einem Drittel zu Lasten des Autofahrers, da diesen kein Verschulden treffe. Der Kraftfahrer hingegen hatte den Sicherheitsabstand ohne zwingenden Grund um ungefähr 30 % unterschritten, sodass er schuldhaft gehandelt hat. Er haftet daher zu zwei Dritteln.
OLG Frankfurt, Urteil vom 09.03.21, Az.: 23 U 120/20