Fährt man zu schnell, unter Alkoholeinfluss oder über eine rote Ampel, müssen Autofahrer unter Umständen mit einem Fahrverbot rechnen. Diese Sanktion trifft Autofahrer oft härter als ein Bußgeld, da viele sowohl im privaten als auch beruflichen Bereich auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind.
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg kann im Einzelfall von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn das entsprechende Verfahren außergewöhnlich lange gedauert hat.
Der konkrete Sachverhalt
In dem vom OLG Brandenburg zu entscheidenden Fall ist der betroffene Autofahrer im September 2018 außerhalb geschlossener Ortschaften 48 km/h zu schnell gefahren. Gegen ihn wurde daraufhin eine Geldbuße in Höhe von 160 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.
Nachdem der Betroffene gegen diesen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hatte, zog sich das Verfahren über ein Jahr und vier Monate lang hin. Nach Ansicht des OLG ist die Anordnung eines Fahrverbotes in diesem Fall nicht mehr geboten. Die Geschwindigkeitsüberschreitung lag zu diesem Zeitpunkt bereits über zwei Jahre zurück.
Das Gericht weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Zweck eines Fahrverbotes darin liege, den Betroffenen auf die Schwere des begangenen Verkehrsverstoßes aufmerksam zu machen und ihn anzuhalten, sich in Zukunft „verkehrsordnungsgemäß zu verhalten“. Liegt der Verstoß jedoch bereits lange zurück, kann das Fahrverbot diesen Sinn verlieren. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Fahrer in der Zwischenzeit keine weiteren Verstöße begangen habe. Voraussetzung dazu sei jedoch, dass der betroffene Autofahrer die lange Verfahrensdauer nicht zu vertreten habe.
Stets eine Einzelfallentscheidung
Letztlich stellt das Gericht klar, dass in solchen Fällen nicht pauschal von einem Fahrverbot abgesehen werden könne. Vielmehr bedürfe es stets einer Entscheidung im Einzelfall, bei der den Gerichten ein gewisser Beurteilungsspielraum bleibe. In der Rechtsprechung sei jedoch die Tendenz gegeben, den Zweck eines Fahrverbotes in Frage zu stellen, wenn der betreffende Verstoß mehr als zwei Jahre zurückliege.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.2.2021, Az.: 53 Ss-OWi 334/20
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