Muss man zusätzlich zu Abschleppkosten auch Standgeldkosten zahlen?

Wird man abgeschleppt, sind die Konsequenzen ärgerlich. Man muss das Auto auf dem Abschlepphof abholen und zudem müssen die oft beträchtlichen Abschleppkosten gezahlt werden. Zusätzlich dazu fordern viele Abschleppdienste auch die sogenannten Standgeldkosten. Diese entstehen für die Zeit, in der das Fahrzeug auf dem Abschlepphof abgestellt ist. Das OLG Saarbrücken hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Abschleppdienst diese Standgeldkosten tatsächlich vom „Abgeschleppten“ verlangen kann.

Der konkrete Sachverhalt

Eine Autofahrerin hatte ihr Auto unbefugt auf einem privaten Parkplatz abgestellt. Der Eigentümer des Grundstücks ließ das Fahrzeug der Betroffenen daraufhin von einem gewerblichen Abschleppdienst abschleppen. Mit diesem Abschleppunternehmen hat der Eigentümer einen Vertrag geschlossen, in dem geregelt wurde, dass die Ansprüche des Eigentümers gegenüber der unberechtigt Parkenden auf Zahlung der Abschleppkosten an den Abschleppdienst abgetreten werden.

Unter Abtretung ist dabei zu verstehen, dass der ursprüngliche Gläubiger (hier der Eigentümer) seine Forderung gegen den Schuldner (hier die Autofahrerin) an einen Dritten (das Abschleppunternehmen) überträgt. Somit kann der Abschleppdienst die Abschleppkosten nun von der Autofahrerin verlangen.

Im konkreten Fall war die Autofahrerin jedoch nicht bereit, die geforderten Abschleppgebühren in Höhe von 185 Euro zu zahlen. Aufgrund dessen machte das Abschleppunternehmen von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch und verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs.

Hat der Schuldner (hier der Abschleppdienst) einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger (die Autofahrerin), kann er seine Leistung so lange verweigern, bis der Gläubiger die Leistung erbringt, die er wiederum dem Schuldner schuldet. Für den konkreten Fall bedeutet das, dass der Abschleppdienst die Herausgabe des Fahrzeugs so lange verweigern kann, bis die Autofahrerin die Abschleppkosten zahlt.

Daraufhin erhob die Autofahrerin Klage auf Herausgabe ihres Fahrzeugs. Das Abschleppunternehmen wiederum erhob Gegenklage auf Zahlung der Abschlepp- und zwischenzeitlich entstandenen Standgeldkosten in Höhe von 11,90 Euro pro Tag.

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken

Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Ansprüche des Abschleppunternehmens auf Zahlung der Abschleppkosten begründet sind. Demnach ist die Autofahrerin dahingehend zur Zahlung verpflichtet.

Demgegenüber sah das Gericht einen Anspruch auf Zahlung der Standgeldkosten als nicht gegeben an. Begründend wurde ausgeführt, dass die Fahrerin lediglich diejenigen Kosten ersetzen muss, die dabei entstanden sind, die Störung zu beseitigen.

Unter Störungsbeseitigung ist dabei das Folgende zu verstehen: Das Fahrzeug, das die Autofahrerin unberechtigterweise auf einem privaten Parkplatz geparkt hat, beeinträchtigt das Eigentum des Berechtigten. Denn wenn der Parkplatz belegt ist, kann der Berechtigte den Abstellplatz beispielsweise nicht für sein eigenes Fahrzeug nutzen. In diesem Fall kann er ein Abschleppunternehmen beauftragen, um die Störung (das unbefugt abgestellte Fahrzeug) beseitigen zu lassen.

Die Standgeldkosten sind hingegen nicht durch die Störungsbeseitigung entstanden, sondern im Zusammenhang mit der „außergerichtlichen Abwicklung des Abschleppvorgangs zur Durchsetzung der Forderung auf Bezahlung der Abschleppkosten“. Denn die Standgeldkosten sind nur entstanden, weil das Abschleppunternehmen nicht bereit war, das Auto an die Fahrerin herauszugeben, bevor diese die Abschleppkosten gezahlt hatte.

Dies resultiere daraus, dass der Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten vom Eigentümer des Grundstücks an das Abschleppunternehmen abgetreten wurde. Der Eigentümer hat gegenüber dem „Störer“, also der Autofahrerin, jedoch nur einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die durch die Beseitigung der Störung verursacht wurden. Die Kosten, die bei der Abwicklung des Abschleppvorgangs entstehen, betreffen den Eigentümer hingegen nicht. Er hat keinen Anspruch gegenüber der Autofahrerin auf Zahlung der Standgeldkosten und demnach hat auch das Abschleppunternehmen keinen solchen Anspruch.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.07.2019 – 1 U 121/18

 

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WEG-Reform – Mieter und Wohnungseigentümer erhalten Anspruch auf private Ladesäule

Am 1. Dezember 2020 ist eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes in Kraft getreten. Diese Reform erleichtert es nun Wohnungseigentümern und Mietern eine private Ladestation für Elektroautos auf dem eigenen Stellplatz oder in der Tiefgarage einbauen zu können. Alles Wissenswerte zu diesem Thema erfahren Sie im Folgenden:

Rechte der Wohnungseigentümer

Nach der WEG-Reform können einzelne Wohnungseigentümer nun von den Miteigentümern verlangen, dass diese den Einbau einer Lademöglichkeit für Elektroautos gestatten. Zu beachten gilt dabei, dass Wohnungseigentümer zwar nun einen Anspruch auf eine private Ladesäule haben. Der Einbau darf hingegen nicht durchgeführt werden, ohne vorher die Miteigentümer einzubeziehen.

Dazu muss der Wohnungseigentümer, der eine Ladesäule einbauen lassen möchte, einen dementsprechenden Antrag stellen, dem die Wohnungseigentümergemeinschaft zustimmen muss. Die Eigentümerversammlung fasst dann formell einen Beschluss darüber, dass die Ladestation eingebaut werden darf und beschließt, wie die Maßnahme durchgeführt werden soll.

Die Kosten des Einbaus der Ladesäule trägt der jeweilige Eigentümer, der den entsprechenden Antrag gestellt hat. Haben mehrere Eigentümer den Antrag gemeinsam gestellt, werden die Kosten unter ihnen aufgeteilt.

Möchte ein Wohnungseigentümer nachträglich eine Ladesäule mitbenutzen, hat er einen Anspruch darauf, dass ihm die Wohnungseigentümergemeinschaft dies ermöglicht. In diesem Fall ist der betreffende Eigentümer zur Zahlung eines „angemessenen Ausgleichs“ für die bereits entstandenen Kosten verpflichtet.

Rechte der Mieter

Auch Mieter haben nun einen Anspruch darauf, dass ihr Vermieter den Einbau einer Ladestation für E-Autos gestattet (§ 554 BGB). Bei einer vermieteten Eigentumswohnung kann der Mieter von seinem Vermieter verlangen, dass dieser bei der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag stellt.

Auch in diesem Fall muss der Mieter, der den Einbau der Ladestation wünscht, die dadurch entstehenden Kosten tragen.

 

Gerechtfertigte Geschwindigkeitsüberschreitung durch Notstand?

Fährt man zu schnell und wird dabei geblitzt, sind die Folgen für die Betroffenen ärgerlich. Je nach Höhe der Geschwindigkeit kann es schnell teuer werden. Zudem droht ein Fahrverbot. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die „Geblitzten“ oft nach einer Ausrede oder Entschuldigung für die Geschwindigkeitsüberschreitung suchen. So auch ein Autofahrer, der mit 80 km/h durch eine Tempo-30-Zone fuhr. Er versuchte den Verstoß damit zu rechtfertigen, dass er seine (am Finger) verletzte Frau schnellstmöglich ins Krankenhaus fahren wollte. Ob er mit dieser Entschuldigung vor Gericht erfolgt hatte und ob bzw. in welchen Fällen Geschwindigkeitsüberschreitungen zu rechtfertigen sind, erfahren Sie hier:

Der konkrete Sachverhalt

Im konkreten Fall hatte sich die Ehefrau des Betroffenen beim Kochen mit einem Messer am Finger verletzt. Die Wunde habe so stark geblutet, dass sich der Ehemann dazu entschieden hatte, seine Frau selbst schnellstmöglich ins Krankenhaus zu fahren, statt einen Krankenwagen zu rufen. Begründend führte er in diesem Zusammenhang aus, dass seine Frau bereits einige Monate zuvor unter Unterleibsschmerzen gelitten hatte und der gerufene Rettungswagen erst 40 Minuten später am Haus der Familie eingetroffen war. Wegen des starken Blutverlustes hatte der Betroffene daher entschieden, nicht erneut eine derart lange Wartezeit zu riskieren. Zudem brachte er vor, dass er aufgrund der Verletzung „keinen kühlen Kopf“ behalten habe.

Rechtfertigung grundsätzlich möglich

Zunächst wies das Gericht drauf hin, dass eine Verletzung von Verkehrsvorschriften grundsätzlich durch das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes gerechtfertigt werden kann (§ 16 OWiG).

Voraussetzung dazu ist unter anderem, dass eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder andere Rechtsgüter vorgelegen hat. Dann muss der Betroffene den jeweiligen Verkehrsverstoß begangen haben, um diese Gefahr von sich oder einer anderen Person abzuwenden. Zudem dürfte die Gefahr anders als durch den Verkehrsverstoß nicht abwendbar gewesen sein.

Das ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf beispielsweise dann der Fall, wenn ein Taxifahrer eine hochschwangere Frau bei Einsetzen ihrer Wehen (unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) ins Krankenhaus fährt, weil er um ihr Leben und ihre Gesundheit besorgt ist. (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 1994, Az.: 5 Ss (OWi) 411/94 – (OWi) 211/94 I)

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Beschluss dargelegt, dass auch dann ein rechtfertigender Notstand angenommen werden kann, wenn der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, weil er schnellstmöglich seine Notdurft verrichten musste. (Brandenburgisches Oberlandesgerichts, Beschluss vom 25.02.2019, Az.: (1 B) 53 Ss-OWi 41/19 (45/19)) 

Das Oberlandesgericht Düsseldorf verneinte das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes hingegen, wenn der Betroffene zur Rettung seines Wellensittichs die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 54 km/h überschritt. (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 18. April 1990, Az.: 2 Ss (OWi) 97/90 – (OWi) 30/90 II)

Keine Rechtfertigung der Geschwindigkeitsüberschreitung im konkreten Fall

Nach Ansicht des Gerichts konnte die begangene Geschwindigkeitsüberschreitung im vorliegenden Fall jedoch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die Frau des Betroffenen eine Verletzung am Finger hatte. Dabei fehle es an einer gegenwärtigen Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit. Durch die Verletzung sei weder der Tod der Frau zu befürchten gewesen, noch über die Schnittwunde hinausgehende Komplikationen. Dafür spricht im konkreten Fall insbesondere, dass die Wunde nicht in der Notaufnahme versorgt wurde, sondern beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Zudem bedurfte es keiner operativen Behandlung.

Weiterhin wies das Gericht darauf hin, dass das Vorliegen einer Gefahr aus der Sicht eines sachverständigen Beobachters zu beurteilen sei. Ob der betroffene Fahrer durch die Verletzung seiner Frau „kopflos“ agiert hatte, sei daher irrelevant.

Letztlich führte der Richter aus, dass, selbst wenn man das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr bejahen würde, die Gefahr durchaus anders abwendbar gewesen wäre. So hätte der Betroffene den Krankenwagen rufen können, um seine Frau medizinisch versorgen zu lassen. Dies wäre ihm, auch trotz der vorhergehenden langen Wartezeit auf den Rettungswagen, zumutbar gewesen.

Den Fahrer erwarteten daher eine Geldbuße in Höhe von 235 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. (Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 10. März 2020, Az.: 971 OWi 955 Js-OWi 65423/19)

Entzug der Fahrerlaubnis auch während der Corona-Krise

Fährt man alkoholisiert Auto oder hat acht oder mehr Punkte in Flensburg angesammelt, sind die Konsequenzen oft unerfreulich. Das ist insbesondere der Fall, weil die Fahrerlaubnis aufgrund des Verstoßes entzogen wird. Im Einzelfall kann jedoch ausnahmsweise von einem Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen werden, wenn die damit verbundenen Folgen für den Betroffenen eine unzumutbare Härte darstellen würden. Eine solche Härte kann beispielsweise dann angenommen werden, wenn der Betroffene auf seinen Führerschein angewiesen ist, da er ansonsten seinen Arbeitsplatz verlieren würde. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob auch aufgrund der Corona-Pandemie ausnahmsweise von einem Fahrerlaubnisentzug abgesehen werden kann (Beschluss vom 01.12.2020, Az.: 4 L 1078/20.KO).

Unzumutbare Härte durch Corona-Krise?

Im konkreten Fall wurde einem Autofahrer die Fahrerlaubnis entzogen, weil er acht oder mehr Punkte in Flensburg angesammelt hatte. Er wehrte sich jedoch gegen diese Anordnung und wandte ein, dass er aufgrund der Corona-Krise auf seinen Führerschein angewiesen sei. Er brachte vor, dass er für seine Eltern Versorgungsfahrten erledigen müsse, da sie aufgrund der Corona-Pandemie nur noch ihn ins Haus lassen würden. Außerdem müsse er seine Tochter zur Schule bringen.

Negative Auswirkungen zum Schutz Verkehrsteilnehmer bewusst hingenommen

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag jedoch ab. Die Richter führten begründend aus, dass es sich bei den vorgebrachten Umständen und Beeinträchtigungen zwar um negative Auswirkungen des Fahrerlaubnisentzugs handele, der Gesetzgeber diese jedoch vorausgesehen und zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer bewusst hingenommen hat. Demnach führen diese Nachteile nicht zu einer unzumutbaren Härte, weshalb von einem Entzug der Fahrerlaubnis nicht ausnahmsweise abgesehen werden kann. Das Gericht wies insbesondere darauf hin, dass das Leben und die körperliche Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer auch während der Corona-Pandemie durch „ungeeignete Kraftfahrer“ gefährdet werde.

Sonderparkplätze für Elektroautos – wer sie nutzen darf und was Falschparkern droht

Mittlerweile gibt es sie fast überall – Sonderparkplätze für E-Autos. Hier können Fahrer von Elektroautos ihr Auto in der Regel kostenlos abstellen, um die Batterie ihres Autos aufzuladen. Nun wird sich der ein oder andere Fahrer eines Verbrenners fragen, ob er auch auf einem solchen Sonderparkplatz parken darf, wenn er gerade nicht von einem E-Auto genutzt wird. Immerhin sind Parkplätze, vor allem in Städten, meist knapp. Und was gilt für E-Autos, die auf einem Sonderparkplatz abgestellt, aber dort nicht aufgeladen werden? Die Antwort auf diese Fragen finden Sie hier:

So erkennen Sie einen Sonderparkplatz für E-Autos

Mit Schwierigkeiten verbunden ist dabei zunächst, dass es in Deutschland keine einheitliche Beschilderung der Sonderparkplätze und Ladesäulen gibt, da es an einer konkreten gesetzlichen Regelung fehlt. Grundsätzlich ist der Parkplatz an sich mit einem blauen Schild mit weißem „P“ gekennzeichnet. Hinzu kommen ein oder mehrere weiße Zusatzschilder. Zum einen wird darauf in der Regel das Piktogramm eines Autos mit einem Stecker abgebildet, das ein elektrisch betriebenes Auto darstellt. Zum anderen können mithilfe der Zusatzschilder beispielsweise Zeiteinschränkungen oder eine Parkscheibenpflicht geregelt werden. Oft zu finden sind auch Bodenmarkierungen auf dem Parkplatz selbst, die ein Elektroauto abbilden. Vor dem Parken gilt es also, die Beschilderung sorgfältig zu prüfen.

Wer darf auf den Sonderparkplätzen parken?

Ist ein Parkplatz wie oben beschrieben ausgeschildert, dürfen dort ausschließlich Elektroautos und Plug-In Hybride parken. Voraussetzung dazu ist jedoch, dass das Fahrzeug über ein gültiges E-Kennzeichen verfügt.

Zu beachten gilt außerdem, dass vielerorts die Sonderparkplätze nur zum Aufladen der Batterie genutzt werden dürfen. Ist auf dem entsprechenden Verkehrsschild beispielsweise der Zusatz „im Ladezustand“ zu finden, darf der Parkplatz nur zum Aufladen genutzt werden. Ansonsten gilt ein Parkverbot.

Folglich dürfen auch Fahrer von Verbrennern nicht auf den Sonderparkplätzen parken.

Hinweis: Das Parkverbot für Verbrenner gilt auch außerhalb der ausgeschilderten Bewirtschaftungszeiten, die meistens zwischen 20 Uhr und 9 Uhr liegen.

Was droht Falschparkern?

Parkt ein E-Auto auf einem Sonderparkplatz, obwohl es nicht mit einem E-Kennzeichen ausgestattet ist, droht ein Buß- bzw. Verwarnungsgeld.

Wird der Sonderparkplatz von einem Elektroauto lediglich zum Parken und nicht zum Aufladen genutzt, kann ebenfalls ein Bußgeld verhängt werden. Zudem kann das E-Auto unter Umständen abgeschleppt werden. (AG Charlottenburg, Urteil vom 16.11.16, Az.: 227 C 76/16)

Parkt ein Verbrenner auf einem Sonderparkplatz für E-Autos droht ebenfalls ein Bußgeld. Zudem muss man in solchen Fällen damit rechnen, dass das Fahrzeug abgeschleppt wird.

Wann dürfen Falschparker abgeschleppt werden?

Grundsätzlich darf ein verkehrswidrig abgestelltes Fahrzeug immer dann abgeschleppt werden, wenn dadurch andere Verkehrsteilnehmer behindert werden. Eine solche Behinderung liegt auch schon vor, wenn „Verkehrsflächen in ihrer Funktion beeinträchtigt sind“. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz geparkt wird, denn diese Parkplätze sind allein Personen vorbehalten, die über einen Schwerbehindertenausweis verfügen.

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen gelten diese Grundsätze auch bei Sonderparkplätzen für Elektroautos: Parkt ein nicht elektrisch betriebenes Auto auf einem solchen Sonderparkplatz, wird dessen Funktion (Elektroautos das Parken ermöglichen) beeinträchtigt, sodass es auch dann abgeschleppt werden kann, wenn dadurch überhaupt kein E-Auto behindert wird.

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass Fahrer von Elektroautos stets darauf vertrauen können sollen, dass ihnen die Sonderparkplätze jederzeit zur Verfügung stehen. Zudem sei das Abschleppen im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung, ob das Auto abgeschleppt werden soll oder nicht, weder absehbar ist, ob und wann ein E-Autofahrer den jeweiligen Sonderparkplatz nutzen wolle, noch wann der unberechtigt Parkende sein Auto selbstständig wegfahren würde.

Zudem stellte das Gericht klar, dass die Abschleppmaßnahme auch dann verhältnismäßig ist, wenn vor dem Abschleppen keine bestimme Wartezeit eingehalten wurde.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.1.20, Az.: 17 K 4015/18

 

Glatte Straßen und verschneite Autoscheiben – das sollten Autofahrer im Winter beachten

Verkehrsschild zugeschneit – gilt es trotzdem?

Für Verkehrszeichen gilt der sog. Sichtbarkeitsgrundsatz. Nach diesem Grundsatz müssenVerkehrsschilder so aufgestellt werden, dass sie mit einem nur raschen und beiläufigen erfasst werden können. Ist ein Schild so zugeschneit, dass man es nicht mehr erkennen kann, kann von Autofahrern daher nicht erwartet werden, dass sie es befolgen.

Dazu gibt es jedoch ein paar Ausnahmen. Sind die Schilder eindeutig an ihrer Form zu erkennen, wie insbesondere Stopp- oder Vorfahrtsschilder, gelten sie, auch wenn sie zugeschneit sind. Außerdem wird oft von Ortskundigen erwartet, dass sie die örtlichen Verkehrszeichen kennen, weshalb sie sich an diese halten müssen. Zudem sind verschneite Verkehrsschilder kein Freibrief dafür, gegen Verkehrsregeln zu verstoßen. So muss man sich beispielsweise trotzdem an die allgemeinen Tempolimits inner- und außerorts halten.

Schwierigkeiten bereitet in solchen Fällen jedoch oft die Beweisführung. Wird man beispielsweise geblitzt, weil das entsprechende Verkehrszeichen mit dem Tempolimit verschneit war, muss man eben diesen Umstand erst einmal beweisen. Das ist vor allem dann schwierig, wenn man den Bußgeldbescheid erst Wochen später erhält.

Autoscheibe zugeschneit und Parkschein nicht erkennbar – riskiert man ein Knöllchen?

Nach § 13 der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss man Parkscheine oder die Parkscheibe so im Auto anbringen, dass sie von außen gut lesbar sind. Diese Regelung gilt jedoch nur unter normalen Umständen. Hat man also beispielsweise den Parkschein gut sichtbar hinter der Frontscheibe platziert, ist man seiner Pflicht nach § 13 StVO nachgekommen und muss nicht etwa in regelmäßigen Abständen die Frontscheibe von Schnee befreien. 

Sollte man das Auto im Winter warmlaufen lassen?

Im Winter sollte darauf verzichtet werden, das Auto vor dem Losfahren warmlaufen zu lassen. Denn im Stand benötigt der Motor wesentlich mehr Zeit, um die Betriebstemperatur zu erreichen. Tests des ADAC haben gezeigt, dass das Motoröl nach vier Minuten warmlaufen lassen bei -10 Grad lediglich um 3 Grad erwärmt wurde. Auch das Innere des Autos erreichte eine Temperatur von nur 13 Grad. Trotz dieses eher geringen Effekts wird beim Warmlaufenlassen eine große Menge an Kraftstoff verbraucht. Damit einher geht auch die unnötige Belastung der Umwelt.

Das Warmlaufenlassen ist also einerseits nicht sonderlich effektiv. Andererseits schadet es auch dem Motor. Durch die Verlängerung der Warmlaufphase dauert es länger, bis das Motoröl seine Betriebstemperatur erreicht hat. Dadurch wiederum wird die Reibung im Motor und damit der Verschleiß erhöht.

Letztlich kann, wenn man das Auto warmlaufen lässt, auch ein Bußgeld drohen. Nach § 30 der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss nämlich jede unnötige Abgas- und Lärmbelästigung vermieden werden. Dazu zählt auch, Automotoren unnötigerweise laufen zu lassen. Bei Verstößen droht ein Verwarnungsgeld in Höhe von 10 Euro.

Auto von Schnee und Eis befreien – Was muss freigekratzt werden?

Pflicht ist eine ungehinderte Rundumsicht. Das heißt, dass es nicht ausreichend ist, nur kleine Gucklöcher freizukratzen. Demnach müssen die Front-, Seiten- und Heckscheibe von Eis und Schnee befreit werden. Ansonsten droht ein Bußgeld in Höhe von 10 Euro und das Unfallrisiko wird erheblich gesteigert.

Außerdem müssen Kennzeichen, Scheinwerfer, Rückleuchten und Blinker von Schnee und Eis befreit werden. Ist das Nummernschild eines Autos nicht erkennbar, kann ein Bußgeld in Höhe von 5 Euro verhängt werden. Sind die Lichter durch Schnee verdeckt, drohen zudem 35 € Bußgeld.

Es sollte auch an das Fahrzeugdach und die Motorhaube gedacht werden. Fallen während der Fahrt Schneemengen oder Eisplatten vom Auto herunter, werden nachfolgende Fahrzeuge gefährdet oder die eigene Sicht behindert. Zudem riskiert man in solchen Fällen ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro.

Licht und Sicherheitsabstand – das sollten Sie im Winter beachten

Durch Schnee, Eis oder Schneematsch auf der Fahrbahn verlängert sich der Bremsweg eines Autos erheblich. Deshalb sollte im Winter auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand geachtet werden. Zudem gilt es, die Geschwindigkeit an die Witterungsverhältnisse anzupassen.

Zu beachten gilt außerdem, dass das Abblendlicht auch tagsüber eingeschaltet werden muss, wenn die Sicht, beispielsweise durch Schneefall, eingeschränkt ist. Schalten Sie das Abblendlicht hingegen trotz schlechter Sicht nicht ein, kann ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro (innerorts) oder 60 Euro und ein Punkt in Flensburg (außerorts) verhängt werden.

Darf man im Winter nur mit Winterreifen fahren?

Das erfahren Sie hier: www.anwalt.de/winterreifen

Kosten für die Desinfektion eines beschädigten Fahrzeugs sind von Versicherung zu ersetzen

Kommt es zu einem Unfall, muss das beschädigte Fahrzeug in einer Werkstatt repariert werden. Die dabei entstehenden Kosten zahlt die Versicherung des Unfallverursachers. Im Zuge der Corona-Krise kommt es im Rahmen der Reparaturkosten zu einem zusätzlichen Kostenpunkt: Die Desinfektion des Fahrzeugs. Nun stellt sich dem Geschädigten und der Versicherung die Frage, wer für diese zusätzlichen Desinfektionskosten aufkommt.

In letzter Zeit kam es vermehrt zu Fällen, in denen die Werkstatt neben den Kosten für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs auch diejenigen für die Desinfektion in Rechnung stellte, die Haftpflichtversicherung des Schädigers hingegen den Erstattungsbetrag kürzte und die Zahlung der Desinfektionskosten verweigerte.

Somit mussten sich die Gerichte mit der Frage beschäftigen, wer für die Kosten der Desinfektion aufkommen muss.

Entscheidung des Amtsgericht Heinsberg

Zunächst entschied das Amtsgericht (AG) Heinsberg zugunsten des Geschädigten. Dieser habe Anspruch auf Ersatz der kompletten Reparaturrechnung, also inklusive der Desinfektionskosten. Nach Ansicht der Richter sei die Desinfektion des Unfallfahrzeugs während der Corona-Pandemie notwendig, sofern das Auto im Rahmen der Reparatur von den Mitarbeitern der Werkstatt berührt werde.

Zudem war die Höhe der in Rechnung gestellten Desinfektionskosten (60,87 Euro) in Anbetracht des Material- und Arbeitseinsatzes angemessen und daher nicht zu beanstanden.

AG Heinsberg, Urteil vom 4.9.2020, Az.: 18 C 161/20

Urteil des Amtsgericht Kempten

Auch das AG Kempten urteilte zugunsten des Geschädigten. Das Gericht führte begründend aus, dass das sogenannte Werkstattrisiko hier zulasten des Schädigers geht. Gibt der Geschädigte sein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall zur Reparatur in eine Werkstatt, hat er keinerlei Einfluss darauf, welche Arbeiten die Werkstatt ausführt und wie sie diese in Rechnung stellt. Nimmt die Werkstatt unnötige Reparaturen vor oder rechnet überhöhte Preise ab, darf dies daher keinen Nachteil für den Geschädigten darstellen. Vielmehr kann dieser vom Schädiger die Reparaturkosten in voller Höhe ersetzt verlangen.

Dieser Grundsatz gilt auch für die in Rechnung gestellten Desinfektionskosten. Der Geschädigte hatte im konkreten Fall keine Möglichkeit Einfluss darauf zu nehmen, ob die Werkstatt sein Fahrzeug vor bzw. nach der Reparatur desinfiziert oder darauf, wie sie die Reinigung abrechnet. Dieser Umstand geht, wie oben dargestellt, zulasten des Schädigers, der die kompletten Desinfektionskosten erstatten muss.

Zudem wies das Gericht darauf hin, dass die Desinfektion nicht bloß eine allgemeine Arbeitsschutzmaßnahme darstellt. Vielmehr wurde sie gerade durch den Unfall erforderlich. Sie ist Teil der in Folge des Unfalls in Auftrag gegebenen Reparatur und somit im Rahmen der Beseitigung des Schadens vereinbart worden.

 AG Kempten, Urteil vom 14.10.2020, Az.: 6 C 844/20

Urteil des Amtsgerichts Aichach

Auch das AG Aichach urteilte zugunsten des Geschädigten. Nach Ansicht der Richter ist die Desinfektion des Unfallwagens zur Ansteckungsvermeidung notwendig und daher ist es nachvollziehbar, dass die Werkstatt zusätzlichen Aufwand betreiben und zusätzliche Kosten abrechnen muss. Aufgrund dessen werden diese Maßnahmen in der momentan bestehenden Lage erwartet und somit auch konkludent vertraglich vereinbart.

AG Aichach, Urteil vom 29.09.2020, Az.: 101 C 560/20

Das „Probefahrt-Urteil“ des BGH – Käufer darf entwendetes Auto behalten

 

Kürzlich hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Fall befasst, in dem es um den gutgläubigen Erwerb eines Autos ging, das nach einer Probefahrt nicht zurückgebracht, sondern entwendet und anschließend verkauft wurde. (Urteil vom 18.09.2020, Az.: V ZR 8/19)

Der konkrete Sachverhalt

Im Autohaus der Klägerin erschien ein (vermeintlicher) Kaufinteressent und lieh mithilfe gefälschter Papiere ein Auto für eine einstündige Probefahrt ohne Begleitung aus. Dazu händigte ihm das Autohaus den Schlüssel des Fahrzeugs, das Fahrzeugscheinheft, das Fahrtenbuch und eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil I aus.

Nach der Probefahrt kehrte der „Kaufinteressent“ jedoch nicht ins Autohaus zurück, sondern verkaufte den Wagen für 46.500 Euro. Der Käufer bemerkte dabei zum einen nicht, dass es sich bei Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief um Fälschungen handelte. Zum anderen erkannte er nicht, dass der übergebene „Zweitschlüssel“ überhaupt nicht zum gekauften Fahrzeug gehörte. Als er das Auto anmelden wollte, kam jedoch ans Licht, dass der Wagen als gestohlen gemeldet wurde.

Das Autohaus verlangte dann vom Käufer die Herausgabe des Autos und des Fahrzeugschlüssels. Der Käufer hingegen verlangte die Herausgabe des Zweitschlüssels und der originalen Zulassungspapiere.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH gab dem Käufer des Autos recht. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Autohaus das Eigentum am Auto durch den gutgläubigen Erwerb des Käufers verloren hat.

Hinweis: Der gutgläubige Erwerb

Voraussetzung für den Erwerb des Eigentums an einer Sache ist die Einigung zwischen Erwerber und Veräußerer über die Eigentumsübertragung und die Übergabe der Sache. Zudem bedarf es dabei der Berechtigung des Veräußerers. Über diese Berechtigung verfügt grundsätzlich der Eigentümer der Sache.

Im zuvor dargestellten Fall mangelt es dem Verkäufer des nach der Probefahrt entwendeten Wagens an eben dieser Berechtigung. In solchen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten. Voraussetzung dazu ist zusätzlich, dass der Erwerber gutgläubig war und dass die Sache nicht abhandengekommen ist.

Unter Gutgläubigkeit ist dabei zu verstehen, dass der Erwerber weder wusste noch hätte wissen müssen, dass der Veräußerer nicht der Eigentümer der Sache ist. Abhandengekommen ist eine Sache, wenn sie dem Eigentümer gestohlen wurde oder er sie verloren hat.

 

Bei der Abwicklung des Autokaufs gab es „eine nicht unerhebliche Anzahl von Auffälligkeiten“. So trafen sich Käufer und Verkäufer an einem Bahnhof und der Kaufpreis in Höhe von 46.500 Euro musste in bar gezahlt werden. Zudem passte der angebliche Zweitschlüssel nicht zu dem gekauften Fahrzeug. Trotz dessen bejahte das Gericht den guten Glauben des Käufers.

Ist das Auto abhandengekommen?

Als problematisch stellte sich jedoch das Merkmal des Abhandenkommens dar, da es einen unfreiwilligen Besitzverlust voraussetzt. Deshalb stellte sich die Frage, ob das Autohaus den Besitz am Fahrzeug freiwillig aufgegeben oder unfreiwillig verloren hat.

Dazu wies der BGH zum einen darauf hin, dass eine Besitzübertragung nicht nur deswegen unfreiwillig ist, weil sie, wie vorliegend, auf einer Täuschung beruht.

Zudem stellten die Richter klar, dass die (freiwillige) Überlassung des Wagens für eine einstündige und unbegleitete Probefahrt nicht lediglich eine Besitzlockerung darstellt, sondern zu einer gänzlichen Besitzübertragung auf den vermeintlichen Kaufinteressenten führt. Damit liege eine freiwillige und bewusste Besitzaufgabe vor und damit kein Abhandenkommen.

Der Käufer konnte den Wagen demnach gutgläubig erwerben und kann vom Autohaus die Herausgabe der Zulassungspapiere und des Ersatzschlüssels verlangen.

Überschwemmung und Starkregen – Wann muss die Versicherung zahlen?

Es kommt immer wieder dazu, dass Autos durch extreme Niederschläge Wasserschäden erleiden. So kann es passieren, dass Straßen überflutet werden und Fahrzeuge beim Hindurchfahren durch eine tiefe Wasserfläche beschädigt werden. Zudem gibt es Fälle, in denen bei Starkregen Wasser in das Fahrzeug eindringt, was Schäden an der Elektronik des Autos verursacht.

In solchen Fällen stellt sich den Betroffenen die Frage, ob ihre Kaskoversicherung für die eingetretenen Wasserschäden aufkommt und Schadensersatz leisten muss.

Versicherung ersetzt Schäden durch unmittelbare Einwirkung von Überschwemmungen

Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) sind im Rahmen einer Teilkasko-Versicherung unter anderem Schäden versichert, die durch die unmittelbare Einwirkung von Sturm oder Überschwemmung verursacht wurden. Doch wann liegt eine Überschwemmung vor? Greift der Versicherungsschutz danach auch bei Starkregen? Was versteht man unter einer „unmittelbaren Einwirkung“? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.

Überschwemmung muss einzige Ursache für Schaden sein

Dringt infolge eines Starkregens Wasser in ein Auto ein, das in einem Garten abgestellt wurde, und wird dadurch die Elektronik des Fahrzeugs beschädigt, muss die Kaskoversicherung keinen Schadensersatz leisten. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Das Gericht stellte zunächst klar, dass in einem solchen Fall eine Überschwemmung vorliegt. Darunter ist nämlich zu verstehen, dass Wasser in erheblichen Umfang nicht auf normalem Weg abfließt, sondern ein normalerweise nicht von Wasser in Anspruch genommenes Gelände überflutet. Erforderlich sei dabei nicht, dass ein Gewässer über dessen Ufer tritt.

Die Versicherung sei trotz dessen jedoch nicht zahlungspflichtig, da der Schaden des Fahrzeugs nicht unmittelbar auf der Überschwemmung beruht. Darunter ist zu verstehen, dass die Überschwemmung die letzte und einzige Ursache für den Eintritt des Schadens gewesen sein müsste. Das ist nach Ansicht des OLG im konkreten Fall jedoch nicht gegeben. So beruhe die Beschädigung des Fahrzeugs nicht auf der Überschwemmung, sondern vielmehr auf dem Starkregen. (Beschluss des OLG Karlsruhe, vom 09.10.2019, Az.: 12 U 78/19)

Schäden durch Starkregen werden nicht ersetzt

Gleiches gilt nach einer Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin, wenn dadurch Schäden an einem Auto entstehen, dass ohne eine vorherige Überschwemmung des Geländes Regenwasser ins Fahrzeuginnere gelangt. Starkregen allein begründet demnach auch nach Ansicht des KG keinen Versicherungsfall. (Beschluss des KG, vom 01.07.2016, Az.: 6 U 71/16)

Tiefe Wasserfläche auf Fahrbahn ist Überschwemmung

Eine Überschwemmung liegt hingegen vor, wenn es derart stark regnet, dass die Wassermengen weder vollständig im Boden versickern noch auf anderem Wege abfließen können. Dies bestätigte das Landgericht (LG) Bochum. Im konkreten Fall, den das LG zu entscheiden hatte, hatte sich durch Starkregen auf der Fahrbahn einer Autobahn eine tiefe Wasserfläche gebildet. Da der betroffene Fahrer jedoch im Vorhinein nicht erkennen konnte, dass die Wasserlache derart tief war, und daher hindurchfuhr, entstanden an seinem Fahrzeug technische Defekte.

In diesem Fall bejahte das LG sowohl das Vorliegen einer Überschwemmung als auch deren unmittelbares Einwirken auf das Auto. Zudem betonte das Gericht, dass der Fahrer die Überschwemmung nicht rechtzeitig hatte erkennen können und dadurch auch nicht ausweichen konnte. Demnach besteht ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Versicherung. (Urteil des LG Bochum, vom 21.04.2015, Az.: 9 S 204/14)

In diesem Zusammenhang entschied auch das OLG Karlsruhe, dass eine Wasserlache auf einer Straße mit einer Tiefe von bis zu 90 cm eine Überschwemmung darstellt. Das OLG hat dabei eine unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung auf das Fahrzeug bejaht, wenn der Fahrzeugführer auf der von ihm befahrenen Straße ganz „normal“ weiterfährt und dadurch in den überschwemmten Abschnitt gerät. (Beschluss des OLG Karlsruhe, vom 28.10.2019, Az.: 9 U 4/18)

Versicherung ersetzt Schäden durch Wasserschlag

Auch Schäden durch sog. Wasserschlag werden nach einer Entscheidung des OLG Hamm von der Versicherung ersetzt. Im zu entscheidenden Fall musste ein Autofahrer verkehrsbedingt in einer Unterführung anhalten. Durch den bestehenden „Extremregen“ wurde das Fahrzeug innerhalb weniger Minuten von Wasser eingeschlossen, das in das Auto eindrang und so den Motor beschädigte. Als der Fahrer anschließend den Motor startete, verursachte er so einen größeren bzw. erweiterten Schaden.

Die Versicherung verweigerte aus diesem Grund Schadensersatzzahlungen. Sie wandte ein, dass die Schäden nicht unmittelbar durch die Überschwemmung, sondern durch das Starten des Motors verursacht worden seien. Das OLG Hamm hingegen bejahte sowohl das Vorliegen einer Überschwemmung als auch deren unmittelbares Einwirken auf das Fahrzeug. Es weist darauf hin, dass es für die Auslegung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) maßgeblich darauf ankommt, wie der durchschnittliche Versicherungsnehmer die betreffende Regelung versteht. Eben dieser durchschnittliche Versicherungsnehmer wäre im konkreten Fall nicht davon ausgegangen, dass sein Versicherungsschutz erlischt, wenn er sein Fahrzeug nach der Überschwemmung schlicht weiternutzen möchte und dazu startet. Der Versicherungsnehmer durfte daher annehmen, dass der gesamte Schaden von der Versicherung ersetzt wird. (Urteil des OLG Hamm, vom 02.11.2016, Az.: 20 U 19/16)

Versicherung kann Leistung bei grober Fahrlässigkeit kürzen

Letztlich gilt zu beachten, dass die Versicherung unabhängig davon, ob eine Überschwemmung vorliegt oder nicht, ihre Leistungen kürzen kann, wenn der Fahrzeugführer grob fahrlässig handelte. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Fahrer die Überschwemmung erkannt hat bzw. hätte erkennen müssen, aber trotz dessen in das überflutete Gelände gefahren ist. Fahrlässiges Handeln liegt darüber hinaus vor, wenn ein Fahrer sein Auto trotz des Bestehens einer Hochwasserwarnung im Risikogebiet abstellt.

Keine Halterhaftung bei Schäden in automatischer Waschanlage

Verschuldensunabhängige Halterhaftung

Im Falle eines Verkehrsunfalls, an dem Kraftfahrzeuge beteiligt sind, haften die Fahrzeughalter grundsätzlich unabhängig davon, ob sie an dem Unfall ein Verschulden trifft oder nicht. Man spricht dabei von einer verschuldensunabhängigen Halterhaftung (§ 7 StVG). Diese besteht, weil allein vom Betrieb des Fahrzeugs Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen (sog. Betriebsgefahr). Unter Betrieb des Kfz ist dabei zu verstehen, dass das Auto im öffentlichen Verkehrsraum bewegt wird oder kurz hält.

 

Befindet sich Auto in Waschanlage „in Betrieb“?

Das OLG Koblenz hatte sich in diesem Zusammenhang mit der Problematik zu befassen, ob ein Auto in einer automatischen Waschanlage „in Betrieb“ ist – und verneinte diese Frage.

Wird das Fahrzeug bei abgeschaltetem Motor von einem Förderband gezogen, befindet es sich nicht in Betrieb, da sich hier weder die Transport- noch die Fortbewegungsfunktion des Autos auswirken. Die besonderen Gefahren, die von der Nutzung eines Pkw ausgehen, haben daher keine Relevanz entfaltet.

Keine verschuldensunabhängige Halterhaftung

Muss der Fahrer eines Fahrzeugs in einer solchen Waschanlage abbremsen, um die Kollision mit einem anderen Pkw zu verhindern, weil an der Anlage ein technischer Defekt vorliegt, trifft ihn keine Haftung für die dabei entstehenden Schäden. Denn auf der einen Seite hat er den Bremsvorgang wegen des Defekts nicht zu verschulden und zum anderen scheidet auch, wie oben dargelegt, ein Mitverschulden nach den Grundsätzen der verschuldensunabhängigen Betriebsgefahr aus.

 

Beschluss des OLG Koblenz vom 05.08.2019, Az.: 12 U 57/19